Das Erleben von Liedern

und spätmodernen Tagzeitenliturgien

Drittmittelforschungsprojekt an der FAU Erlangen – Prof. Dr. Peter Bubmann

von Dr. Jochen Kaiser

 

Dieses Forschungsprojekt bearbeitet zwei Bereiche: die Erforschung des Singens von Kirchenliedern als ästhetische Praxis und ausgehend von der Ordinatio Cultus Divini des gemischtkonfessionellen Domkapitels in Halberstadt (1591) die Entwicklung neuer Tagzeitenliturgien. Die Methodik wird hauptsächlich empirisch vorgehen. Aufeinander bezogen bleiben die beiden unterschiedlichen Bereiche, weil sie religiöse Praxis untersuchen und vom religiösen Erleben ausgehen.

 

Die Erforschung des Singens als ästhetisch-religiöse Praxis nutzt als Liedrepertoire die von der Liturgischen Konferenz der EKD empfohlene Kernliederliste, erweitert um einige Neue Geistliche Liedern (NGL), Gospel und andere Gesänge.

Die neuen Tagzeitenliturgien werden entwickelt und deren Durchführung analysiert. Das Hauptinteresse gilt dem Erleben der Teilnehmenden. Diese Tagzeiten­liturgien sollen Konfessionen verbinden und Kulturinteressierte ansprechen.

Erste spätmoderne Tagzeitenliturgien finden Sie hier:

http://www.musik-und-gottesdienst.de/gottesdienstideen/sp%C3%A4tmoderne-tagzeitenliturgien/

 

Die zur Erforschung des Erlebens des Singens von Liedern wie der Beteiligung an Tagzeitenliturgien verwendete empirisch-rekonstruktive Methodologie bedarf der Entwicklung von Methoden, z.B. für die Analyse von Liedern und Gottesdiensten auf Speichermedien. Ebenso wird die Erlebniszentrierte Analyse von Liedern (die Dr. Kaiser in seiner Dissertation modellierte) weiterent­wickelt und auch auf Tagzeitenliturgien angewendet.

Das Forschungsdesign nutzt Methoden der Ethnologie und Soziologie, z.B. partizipierende Beobachtung, narrative Interviews, Gruppendiskussionen, Schreib­aufrufe, experimentelle Singveranstaltun­gen etc.

Als zentrale Auswertungsmethode wird die Dokumentarische Methode von Ralf Bohnsack verwendet. Sie ist auf die Erforschung von Handlungspraxis zuge­schnitten und beachtet immer die Kollektivität von Erleben (auch des Einzelnen). Die Dokumentarische Methode versucht den Abstand zwischen Erleben und Erforschen zu verringern und erscheint in dieser Hinsicht nicht nur fruchtbar für die Religionsfor­schung, sondern auch prädestiniert für den hier zugrunde liegenden Ansatz.

 

Für sehr unterschiedliche Bereiche kirchlicher Arbeit wird dieses Forschungsprojekt neue Erkenntnisse liefern, z.B. für die Gesangbucharbeit, für das kirchliche Singen, für das Reformationsjubiläum 2017 unter Einbezug der katholischen Christen oder für Gottesdienste, die die spätmoderne Religiosität aufnehmen. Einige konkretere Ergebnisse werden sein: a) Kriterien für die Beurteilung von Liedern, die besonders das singende Erleben berücksichtigen; b) Beschreibung der Bedeutung des religiösen Singens für den Einzelnen und den wechselnden Bedeutungen in unterschiedlichen Kontexten (liturgischer Feiern); c) Entwicklung erlebniszentrierter Tagzeitenliturgien, konfessionsübergreifend und ansprechend für Menschen mit spätmoderner Religiosität; d) empirische Erlebnisforschung zu gefeierten Tagzeitenliturgien, deren Ergebnisse wieder in die Praxis einfließen; e) Erforschung der Bedeutung des Singens in spätmodernen Erlebnis-Vespern.

 

Das Projekt ist auf drei Jahre angelegt und wird von Dr. Jochen Kaiser ‒ Karl-Heine-Str. 56B, Tel 0341/49249124, KirchenmusikerKaiser@gmx.de ‒ durchgeführt.